Frauenempfang: Kritik an Benachteiligungen in Literaturbranche
Weil die Literaturbranche bis heute männlich geprägt ist, standen und stehen Autorinnen vor besonderen Herausforderungen. Welche das sind, das haben die Teilnehmenden des 37. Frauenempfangs der Stadt Elmshorn am Sonntag, 16. März 2025, im voll besetzten Kollegiumssaal des Rathauses aus erster Hand erfahren. Neben Gastrednerin Nicole Seifert und Elmshorns Gleichstellungsbeauftragter Heidi Basting erzählten auch die lokalen Autorinnen Maiken Brathe und Nicole Wollschlaeger bei einer Podiumsdiskussion über ihre Erlebnisse.
Seifert hatte mit ihrem 2021 veröffentlichten Buch „FRAUENLITERATUR – abgewertet, vergessen, wiederentdeckt“ eine Debatte über Frauen im Literaturbetrieb angestoßen. „Schon während meiner Lektüre des Buches dachte ich mir: Die muss ich nach Elmshorn holen“, zeigte sich Basting begeistert und fügte an: „Nicole Seifert bringt kurz und knapp meine Arbeit als Gleichstellungsbeauftragte auf den Punkt, indem sie strukturelle gesellschaftliche Missstände aufdeckt und dann handelt.“
Als Autorinnen behindert
Auf den Literaturbetrieb bezogen bedeutet das, so Seifert: „Frauen werden als Autorinnen praktisch behindert.“ Das gelte von der Bezahlung bis dahin, dass ihnen nahegelegt wird, sich ein männliches Pseudonym zuzulegen, um ernst genommen zu werden. In Schulen, an Unis oder in spezieller Fachliteratur kommen Autorinnen kaum vor.
Systematisch abgewertet
Und das nicht, weil es weniger Autorinnen in der Geschichte gegeben habe und deren Werke nicht so gut gewesen seien, so Seifert: „Das ist kein Zufall.“ Die Leistungen von Frauen würden systematisch abgewertet. Sie will das ändern und rückt in der Reihe „rororo Entdeckungen“ in Vergessenheit geratene Autorinnen des 20. Jahrhunderts wieder ins Rampenlicht.
Verlagsbranche heute weiblicher - Quote erforderlich?
Im Vergleich zu früher ist die Verlagsbranche deutlich weiblicher geworden, stellt Seifert fest. Heute seien rund 50 Prozent der Verleger*innen Frauen. „Aber die tief sitzenden Vorurteile, die sind immer noch da.“
Braucht es also eine Frauenquote bei Veröffentlichungen, will Heidi Basting in der Podiumsdiskussion wissen? „Eigentlich bin ich keine Freundin davon, aber es ist ein Instrument, das durchaus seine Berechtigung hat“, sagt Nicole Wollschlaeger, die als Selfpublisherin mehr Freiheiten als ihre Kolleginnen genießt.
Keine Unterschiede machen
Sie betont: „Ich würde gerne diesen Unterschied Autor oder Autorin gar nicht mehr machen müssen, wenn ich zu einem Buch greife.“ Und sie sieht den richtigen Weg bereits eingeschlagen, zum Beispiel durch anonyme Einsendungen an die Verlage. So werden diese nicht davon beeinflusst, ob das Werk von einer Autorin oder einem Autor stammt.
Frauen müssen sichtbarer werden
Maiken Brathe trägt ebenfalls ihren Teil dazu bei, Frauen in der Literatur sichtbarer zu machen. „Meist sind meine Protagonistinnen ein bisschen älter, queer oder behindert“, sagt sie und fügt an: „Ich habe wirklich Gänsehaut, wie wir die Welt verbessern können durch unsere Literatur und unser Engagement.“
Oberbürgermeister mahnt
Das Grußwort zum Frauenempfang hielt Oberbürgermeister Volker Hatje. Er verwies unter anderem auf die jüngste Bundestagswahl, aus der Parteien mit einem extrem konservativen Frauenbild gestärkt hervorgingen. „Es geht also momentan eher darum, Erreichtes bei der Gleichstellung zu sichern“, mahnt er.
Musik, Kunst und OMI Humanity
Für die musikalische Begleitung sorgte Leo Wichmann. Künstlerisch werteten Bilder der Malerinnen Antje Schölzel und Rita Müller im Rahmen der Reihe „R-Art-Haus“ die Veranstaltung auf. Und vor dem Saal hatte Omaima Hamed von OMI Humanity UG ihren Stand aufgebaut.
Leseempfehlungen
Auf dem Frauenempfang konnten die Besuchenden Leseempfehlungen für Bücher von Autorinnen abgeben. Hier ist die Lektüreliste, die dabei entstanden ist:
- PDF-Datei: (53 kB)