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Datum: 27.09.2013

Warum der Name Käpten-Jürs-Brücke?

Die neue Hafenspange als Verbindung zwischen dem Wedenkamp im Norden und der Westerstraße im Süden heißt bereits seit 2007 offiziell „Hafenspange“. Diesen Beschluss fasste der zuständige Kulturausschuss damals nach langer Diskussion. Der eher technische Begriff setzte sich gegen den Vorschlag der SPD, „Willy-Brandt-Brücke“, durch. Keine Berücksichtigung fanden 20  andere Vorschläge aus der Bevölkerung, darunter auch eher Ausgefallene wie Karl-Marx-Ponton, Brigittenbrücke oder auch Pont Tarascon.

Bei der offiziellen Bezeichnung „Hafenspange“ für den Straßenzug nebst Brücke wird es auch in Zukunft bleiben. Die Mitglieder des Kulturausschusses einigten sich aber im April 2013 einstimmig, der Brücke zusätzlich und inoffiziell den Namen „Käpten-Jürs-Brücke“  zu geben. Damit soll einerseits das neue, die Innenstadt prägende Bauwerk hervorgehoben und andererseits der Windjammerkapitän Jürgen Jürs aus Elmshorn gewürdigt werden.

Die Gründe, warum die neue Klappbrücke nach dem in Elmshorn weitgehend in Vergessenheit geratenen Kapitän benannt worden ist, sind vielfältig:

Max Heinrich Jürgen Jürs wurde am 30. August 1881 auf Klostersande geboren. Er kam in dem Stadtteil zu Welt, der mit der neuen Brücke erstmals in der Stadtgeschichte direkt mit dem alten Elmshorner Ortskern verbunden wird. Als er 1938 nach 41 Jahren den Windjammer „Padua“ verließ, war der Elmshorner der letzte Kapitän der Seefahrtsgeschichte, der ausschließlich Frachtsegler ohne Hilfsmotor über die Weltmeere geführt hat.

Schon damals war Jürs ein international bekannter und geachteter Vertreter seines Berufsstandes. Dies waren zu Lebzeiten auch Elmshorner wie Kurt Wagener (Tiermedizin) oder auch Christian Junge (Atmosphären-Chemie), allerdings sorgte Jürs aufgrund seiner erfolgreichen und spektakulären Reisen auch außerhalb der Fachkreise für weit mehr Aufsehen.

Der Windjammer-Kapitän aus Elmshorn kommandierte fast alle berühmten Segler der Hamburger Reederei F. Laiesz. Die Frachter mit Windantrieb  trugen alle Namen, die mit dem Buchstaben P beginnen und wurden aufgrund ihrer Schnelligkeit auf der ganzen Welt die „Flying P-Liner“ genannt. Auch heute noch sind diese Windjammer vielen bekannt: „Pamir“, „Passat“, „Priwall“, „Peking“ oder auch „Padua“ (heutige „Kursenstern“) hießen und heißen sie – und alle kommandierte Jürgen Jürs. Der Elmshorner umsegelte 66 Mal das gefährliche Kap Hoorn, davon 50 Mal als Kapitän. Nur einer, Kapitän Hinrich Nissen (1862-1943), überquerte jemals das größte Seemannsgrab der Welt mit seinen mehr als 10.000 ertrunkenen Seeleuten und mehr als 800 gesunkenen Schiffen zwei Mal mehr.

Das Besondere der neuen Krückauquerung spiegelt sich indirekt im Namen Käpten Jürs wider: Sie hält mit ihrer Klappfunktion für Schiffe die Verbindung zur Elbe und den Weltmeeren offen, auf denen Jürs als einer der letzten  großer Segelschiffkapitän unterwegs war. Und: Die Vorfahren des Namensgebers nutzten als Ewer-Führer über Generationen Krückau und Hafen, um ihre Familien zu ernähren. Der Name Jürs steht für viele Sippen, die dies- und jenseits des Flusses von der Schifffahrt lebten – nicht nur als Ewer-Führer, sondern auch als Werft- oder Hafenarbeiter, als Segelmacher oder Reepschläger, Fischer, Blockschmied oder auch Matrose.

Die Brücke hat den Namen Käpten-Jürs-Brücke erhalten, weil der Kapitän aus Elmshorn zwar auch Hochdeutsch und Spanisch sprach, sich aber vornehmlich in seiner Muttersprache Niederdeutsch unterhielt und selbst an Bord auf Plattdeutsch Befehle gab. Kapitän heißt auf Niederdeutsch Kaptein, Käpten oder auch Käppen, je nach Region. Die Schreibweisen sind ebenfalls unterschiedlich. Die Bezeichnung Käpten ist für Hochdeutsch sprechende Menschen gefälliger als Kaptein. Auf die zurzeit populäre Schreibweise „Käpt’n“ wurde bewusst verzichtet, weil es sich bei Käpten Jürs um einen international geschätzten Windjammer-Kommandanten mit Patent und 41-jähriger Berufserfahrung handelt und nicht um eine durch Funk und  Fernsehen bekannte Kunst- oder Werbefigur. Und: Hans Albers in seiner Rolle als Seemann Hannes Kröger nennt den Elmshorner Ausnahmekapitän im Film „Große Freiheit Nr. 7“ auch „Käpten Jürs von de Padua“.  

Kapitän Jürs ist auf Klostersande geboren, lebte viele Jahre aber auch auf der nördlichen Seite der Krückau. Er kaufte sich in den 1930er-Jahren wieder auf der südlichen Seite, auf Köhnholz, ein Haus. Der mittlerweile berühmte Seefahrer blieb somit seiner Heimatstadt treu und zog nicht wie andere erfolgreiche Kapitäne nach Hamburg. In seinem Haus auf Köhnholz, in dem noch heute seine Tochter und sein Enkel leben, trat er am 21. Dezember 1945 seine allerletzte Reise an. Jürgen Jürs, der Ausnahmesegler von der Krückau, wurde auf dem Elmshorner Friedhof beigesetzt – letztlich, nach so vielen gefährlichen Reisen auf hoher See, kann dies auch als ein Zeichen seines seemännischen Könnens gewertet werden.

Autor*in: Carsten Petersen