Hauptmenü

Inhalt
Datum: 12.11.2023

Menschen aus Elmshorn zeigen Präsenz gegen aktuellen Antisemitismus

Am 85. Jahrestag der Reichspogromnacht vom 9. auf den 10. November 1938 haben rund 100 Menschen aus Elmshorn an die schockierenden Ereignisse während, vor und nach dieser Nacht in ihrer Stadt erinnert. Am Standort der damals niedergebrannten Synagoge im Flamweg nahm Bürgervorsteher Andreas Hahn am Donnerstag, 9. November 2023, auch die heutige Bevölkerung jeden Glaubens in die Pflicht. „Wir wissen doch alle, was richtig und falsch ist – warum halten wir uns so oft zurück, bewusst für unsere jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger einzutreten?“, fragte Hahn mit Blick auf jüngste judenfeindliche Ausschreitungen, Hetze und Übergriffe in Deutschland.

Wohl vor dem Hintergrund des aktuellen Krieges in Nahost nahmen in diesem Jahr deutlich mehr Menschen an der Gedenkveranstaltung teil. Die Polizei zeigte ebenfalls verstärkt Präsenz.

Hass und Hetze sind wieder präsent

„Es ist nicht wie sonst“, betonte auch Redner Dr. Jürgen Brüggemann von der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA). „Seit dem Überfall der Hamas am 7. Oktober sind abertausende Tote und Verletzte zu beklagen. Seitdem zeigt der Antisemitismus so offen wie lange nicht mehr sein Gesicht.“ Auf Demonstrationen und in sozialen Medien wird Hetze verbreitet, Stolpersteine werden beschmiert, jüdische Einrichtungen attackiert, Fensterscheiben in Elmshorn eingeworfen. Brüggemann mahnt daher: „Gegen das Vergessen zu wirken, ist unser aller Auftrag. Nie wieder!“

Bürgervorsteher: In den Schulen ansetzen

Bürgervorsteher Hahn sieht einen wichtigen Beitrag zum Wirken gegen das Vergessen in der schulischen Auseinandersetzung mit den damaligen und heutigen Ereignissen in Elmshorn. Eine Grundlage dafür hat Autor Harald Kirschninck mit seinen Recherchen und Büchern zur jüdischen Geschichte in Elmshorn gelegt.  

Brandstifter wurden 1948 freigesprochen

Fünf NSDAP-Mitglieder fuhren damals mit zwei Autos vor der Synagoge vor, brachen die Tür auf und schlugen drinnen alles kurz und klein. Anschließend zündeten sie die Synagoge an und hinderten die Feuerwehr aktiv an den Löscharbeiten. Ihr Versuch, auch die Kapelle des jüdischen Friedhofs in der Feldstraße anzuzünden, schlug fehl. Am Morgen des 10. November wurden mit Ausnahme zweier Kranker alle jüdischen Männer aus Elmshorn verhaftet und in zwei Konzentrationslager verfrachtet. „Nach dieser Nacht war die jüdische Gemeinde in Elmshorn ausgelöscht“, so Hahn. Sie hatte damals 60 Mitglieder. Sie alle wurden vertrieben oder ermordet. Die fünf Brandstifter dagegen wurden in einem Prozess 1948 alle aus Mangel an Beweisen freigesprochen – trotz eindeutiger Zeugenaussagen, so Hahn. 

2003: Wiedergründung der jüdischen Gemeinde

Heute gibt es wieder eine jüdische Gemeinde in Elmshorn. Sie feierte einen Tag vor der Gedenkveranstaltung den 20. Jahrestag ihrer Wiedergründung, unter anderem mit Bürgervorsteher Hahn als Gast. „Ich war am Ende geradezu überwältigt von der optimistischen Grundhaltung und vom Gottvertrauen“, sagte er und ergänzte: „Diese Haltung bewundere ich sehr.“ Auch diese Veranstaltung in der Weißen Villa stand unter massivem Polizeischutz.